Als ob der Ton dem Töpfer gleich wäre
Wie kehrt ihr alles um! Als ob der Ton dem Töpfer gleich wäre, dass das Werk spräche von seinem Meister: Er hat mich nicht gemacht!, und ein Bildwerk spräche von seinem Bildner: Er versteht nichts! Jes 29,16
Andacht zur Tageslosung von Pfarrer Dr. Andreas Karras / Görzig
In der heutigen Tageslosung geht es um das Verhältnis Gottes zu seinem Geschöpf. Der Prophet Jesaja vergleicht Gott mit einem Töpfer und den Menschen mit Ton. Gott ist dem Menschen in einer Weise überlegen wie der Töpfer dem Ton. Man kann sich die Vorstellung Jesajas daran verdeutlichen, dass jedes von Menschen erdachte und realisierte Ding nicht die Einsicht hat wie derjenige, der es erschaffen hat. Aus der Sciencefiction-Literatur wissen wir, dass spannende Unterhaltung garantiert ist, wird mit diesem Zusammenhang gespielt, indem eine Zeitlang Maschinen über Menschen triumphieren dürfen.
Ist die Verhältnisbestimmung von Mensch und Maschine in der Literatur ein Spiel mit unterhaltsamen Möglichkeiten, so ist für Jesaja das verzerrte Verhältnis zwischen Gott und Mensch bittere Realität: Die Regierenden seiner Zeit schmieden Pläne unabhängig von Gott. Ihrer Haltung begegnen wir damals wie heute: Der Mensch erreicht durch autonomes und kluges Handeln immer sein Ziel. Da werden Politiker von Journalisten gefragt: „Durch welche vorbeugenden Maßnahmen hätte man der Coronavirus-Krise ausweichen können und wie kann sie schnellstmöglich bewältigt werden?“ Es wird so getan, als könnten durch kluge und vorausschauende Entscheidungen derartige Krisen vermieden werden.
Jesaja korrigiert diesen allzu menschlichen Irrtum, indem er daran erinnert, dass der Mensch bei seinem Planen und Tun eben nicht über die Einsicht Gottes verfügt. Die Epidemie macht nachdrücklich deutlich, wir haben unser Leben nicht so in der Hand, wie wir dachten. Alte Fragen werden jetzt oft neu gestellt: Ist Gott vielleicht doch? Erkennt ein gläubiger Mensch womöglich viel realistischer die Wirklichkeit als jemand, der meint, in einer Welt ohne Gott zu leben?
Die jetzige Krisenzeit kann eine Zeit sein, sich neu auf Gott und seinen Willen zu besinnen. Und diesen Willen formuliert Jesus so: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft‘ (5. Mose 6,4-5). Das andre ist dies: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘ (3. Mose 19,18). Geben wir also Gott in unserem Leben neu Raum, indem wir mit IHM rechnen; und leiten wir daraus ab – besonders in den vor uns liegenden schwierigen Wochen -, wie wir uns gegenüber unseren Nächsten verhalten wollen: Sich zwanglos zurücknehmen, solidarisch sein, Alte und Kranke stützen und denen, die in Not sind, unbedingt helfen.