Glockenläuten, beten, innehalten

von Kirchenpräsident Joachim Liebig / Dessau-Roßlau

Früher gliederten die Glocken den Tagesablauf in den Klöstern. Später war das Mittagsgeläut um 12 Uhr das Zeichen für die Mittagspause bei der Feldarbeit. Und um 18 Uhr das Zeichen für den Feierabend. Heute wäre es schön, überall in unserem Land würden um 12 Uhr die Glocken läuten, und würden alle zusammen einen Moment innehalten. Wer es sich traut, könnte ein Gebet sprechen – vielleicht das Vaterunser, oder aber auch ganz frei mit Gott ins Gespräch kommen. Alle Sorgen, alle Nöten, alle Fragen in diesen Tagen vor Gott bringen.

Das sei nicht viel, sagen manche. Ich glaube, das ist ganz viel. Es ist zunächst einmal ein Zeichen des Miteinanders, wenn man weiß, es läuten die Glocken, und überall im Land sind Menschen mit derselben Sache, denselben Gedanken beschäftigt. Darüber hinaus weiß ich ganz genau, dass Gebet nie ohne Folgen bleibt. Und außerdem gibt es ganz viel zu tun, und dazu braucht es einen guten Glauben. Eine starke Gewissheit, dass das, was wir tun, nicht umsonst ist. In dieser Zeit ist das besonders wichtig. Bei all den Nöten und Sorgen, die Menschen haben, um ihre eigene Existenz, um die Gesundheit, um nahe Angehörige, um Pflegebedürftige. Darum würde ich mich wirklich freuen, es gäbe überall um 12 Uhr in unserem Land ein Geläut, das uns verbindet im Gebet, im Innehalten, im Gespräch.