Kreuz im Gebirge

Andacht von Pfarrer Michael Schedler, Kirchenkreis Köthen

Die Andacht zum Hören

Manchmal, da fallen mir Bilder ein. Bilder aus längst vergangenen Zeiten. Bilder, die mich fesseln, mich begleiten, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Während meines Studiums fragte ich mich, was der Kern meiner Lebensaufgabe, welche Gott mir gibt, sein könnte. Zu jener Zeit unternahm unsere Seminargruppe eine Fahrt nach Dresden um das Grüne Gewölbe, jene bekannte Gemäldegalerie, zu besichtigen. In den Ausstellungsräumen, sah ich die Bilder von großartigen Künstlern, deren Namen ich leider bald wieder vergessen hatte.

Doch da war das eine Bild, das den Titel „ Kreuz im Gebirge“ trug. Caspar David Friedrich hat das Altargemälde 1807 bis 1808 gemalt. Das Bild zeigt einen mittig im Bild angeordneten schroff- felsigen Berggipfel. Einige Nadelbäume wachsen seitlich des Gipfels. Auf dem Gipfel ist ein hohes, von Efeu umwachsenes Kruzifix, dahinter Wolken, welche von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne, in rote, blaue und graue Farbtöne getaucht sind.

Aber da gibt es auch die Lichtstrahlen, welche wie Spotlights aus dem Himmel über dem Kreuz auf den Berggipfel treffen. Moment, dachte ich, das passt doch gar nicht zusammen. Die Sonne kann nicht hoch oben über dem Kreuz die Lichtstrahlen auf den Gipfel werfen und gleichzeitig einen Sonnenuntergangsstimmung erzeugen. Ich vermute, dass es dieser Widerspruch gewesen sein könnte, welche mein erhöhtes Interesse an dem Bild geweckt hat. Wie kann das Sein? Warum ist das so gemalt?

Ich vermutete, dass Caspar David Friedrich ganz bewusst diese Unstimmigkeit in seinem Bild komponierte. Ich habe diesen Widerspruch für mich so gedeutet, dass Caspar David Friedrich in dem Bild zum Ausdruck bringen wollte, dass Gott, in dem leidendem Christus, als wahrer Mensch und wahrer Gott, auf unserer Erde gegenwärtig ist und doch – das Leiden Christi nur ein Teil der Heilshandelns Gottes ist, weil das Himmelslicht der Lichtstrahlen nicht nur das Kreuz, sondern den ganzen Gipfel bestrahlt. Gott ist gegenwärtig. Überall; allezeit. Auch heute!

Manchmal da fallen mir Bilder ein, Bilder aus längst vergangenen Zeiten. Bilder die sprechen, interagieren, Glaubensmut und Glaubenshoffnung mir geben. In dem Bild fand ich eine Antwort. Lebe selber Glaube, Hoffnung und Liebe und verschenke diese, jeden Tag.